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Bischof Dr. Franz Jung lädt ein, sich in der Fastenzeit und im Heilige Jahr 2025 mit dem Leitwort "Pilger der Hoffnung" auseinanderzusetzen, unter welches Papst Franziskus das Heilige Jahr 2025 gestellt hat. Was bedeutet es, Pilger der Hoffnung zu sein? Mit Blick auf seine Erfahrungen von der vergangenen Kreuzbergwallfahrt erläutert Bischof Franz: "Pilgern meint, nach neuen Wegen zu suchen. Pilgern lehrt uns, dass wir noch nicht am Ziel sind."


Hirtenwort zur österlichen Bußzeit 2025


Unterwegs als „Pilger der Hoffnung“

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Das Heilige Jahr 2025 hat Papst Franziskus unter das Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gestellt. Mit diesem Wort greift der Papst das Bild vom „pilgernden Gottesvolk“ auf, das die Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils geprägt hat (LG 8). Doch was bedeutet es, als Pilger der Hoffnung unterwegs zu sein? Die Kreuzbergwallfahrt hat mich im vergangenen Sommer wieder einmal daran erinnert, was Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung auszeichnet. Dem gelten die Gedanken meines diesjährigen Hirtenbriefs.

Pilgern heißt sich einzugestehen, noch nicht am Ziel angekommen zu sein
Pilgern bedeutet, aufzubrechen aus der vertrauten Umgebung. Pilgern heißt, die eingespielten Abläufe zu unterbrechen. Pilgern meint, nach neuen Wegen zu suchen. Kurzum: Pilgern lehrt uns, dass wir noch nicht am Ziel sind.

Dieses Heilige Jahr lädt dazu ein, uns neu auf den Weg zu machen zum Ziel unserer Pilgerschaft. Dabei weiß ich aus eigener Erfahrung, wie anstrengend es ist, zu einer Pilgerreise aufzubrechen. Aber ich habe
immer auch erfahren, dass es etwas Befreiendes hat. Von Anfang an versteht sich die Kirche als pilgerndes Gottesvolk. Sie weiß, dass sie noch nicht fertig ist. Und sie weiß auch, dass sie sich nicht vor der Zeit
zur Ruhe setzen darf.

Unser Pilgerführer zum himmlischen Jerusalem ist Jesus Christus
Jede Pilgerreise braucht einen Pilgerführer oder eine Pilgerführerin. Jesus Christus selbst ist unser Pilgerführer. Durch seinen Tod und seine Auferstehung hat er uns den Weg gewiesen zur heiligen Gottesstadt,
dem himmlischen Jerusalem. Sie ist der Sehnsuchtsort, zu dem wir alle unterwegs sind. Es gibt also ein Ziel, das wir uns nicht selbst gesteckt haben, sondern das uns Christus gewiesen hat. Als unser Pilgerführer setzen wir auf ihn unsere Hoffnung. Denn in ihm sind Himmel und Erde untrennbar miteinander verbunden. Er ist der Hoffnungsanker, der in den Himmel hinaufreicht und an dem wir unsere Herzen festmachen können.

Mit seinem heiligen Geist hält er die heilige Unruhe in uns wach. Sie treibt uns an, auf der Suche nach der Gottesstadt nicht nachzulassen. Im Heiligen Jahr müssen wir uns fragen lassen, ob wir dieses Ziel noch
im Blick haben. Oder kreisen wir nur um unsere kleinen Sorgen und Nöte? Haben wir uns innerlich schon von der Vision einer erlösten und in Christus erneuerten Menschheit verabschiedet? Letztlich müsste sich alles, was wir als Kirche tun, an dieser anspruchsvollen Vision messen lassen.

Pilgern heißt, früh aufzustehen
Pilgern ist etwas für Frühaufsteher. Es ist beim Pilgern eine wunderbare Erfahrung, aus dem Dunkel dem Sonnenaufgang entgegen zu gehen. Denn jeder Sonnenaufgang birgt die Verheißung der Neuschöpfung der Welt in sich. Jeden Morgen geht uns Christus neu auf als „Licht der Welt“ (Joh 8,12). So wird jeder Sonnenaufgang zu einem Bild der Hoffnung.

Früh aufzustehen heißt für mich mit dem Wort des Psalmisten, „das Morgenrot zu wecken“ (Ps 57,9). Woran erkennt man, dass wir das Morgenrot wecken bei all dem, was wir tun als Gemeinden und
Pfarreien, als Verbände und Ordensgemeinschaften? Woran sieht man, dass wir die neue Welt, die Christus schon heraufgeführt hat, auch auf Erden erfahrbar werden lassen? Oder überwiegt doch der Eindruck, dass bei uns die Lichter ausgehen? Früh aufzustehen heißt für mich, sichtbare Zeichen der Hoffnung zu setzen und an die Neuschöpfung dieser Welt zu glauben. Setzen wir in diesem Jahr solche Zeichen des Neuaufbruchs! Werden wir dort aktiv, wo keiner hilft. Schauen wir nach denen, um die sich keiner kümmert. Lassen wir uns nicht einreden, dass es sinnlos sei, etwas verändern zu wollen.

Beim Pilgern lernt man recht schnell, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren
Pilgern verlangt, mit kleinem Gepäck zu reisen (Lk 9,3). Alles, was man nicht braucht, kostet unnötig Kraft. Was habe ich das erste Mal nicht alles eingepackt? Aus Vorsicht natürlich, weil man ja nie weiß. Aber
schon am Abend des ersten Tages habe ich mir eine Liste gemacht von dem, was ich auf gar keinen Fall mehr mitnehmen werde.

Eine Pilgerreise lädt dazu ein, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das gilt auf der persönlichen Ebene genauso wie im Blick auf unser kirchliches Leben. Persönlich frage ich mich, was brauche ich nicht mehr? Oder was belastet mich an Erinnerungen, an Verletzungsgeschichten oder Versäumnissen? Das Heilige Jahr lädt zur Umkehr und zur persönlichen Beichte ein, um sich mit Gott zu versöhnen.

Im Blick auf unser kirchliches Leben war es für mich aufschlussreich, dass wir am Ende eines jeden Besuchs im Pastoralen Raum bei der Frage hängengeblieben sind: Was lassen wir künftig sein? Denn allen
war klar: Neues beginnen geht nur, wenn man Altes lässt. Das Heilige Jahr versteht sich auch hier als Einladung, darüber nachzudenken, was wir sein lassen wollen, um unserer Hoffnung nach einem Neubeginn Raum zu geben.

Pilgern bedeutet, Durststrecken durchstehen
Bei jeder Pilgerreise gibt es Durststrecken. Man erkennt sie daran, dass jeder Schritt beschwerlich wird. Dass einem die innere Spannkraft abhandenkommt. Dass einen das Gefühl der Lustlosigkeit überkommt. Das ist ganz normal. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass in solch einer Situation die Versuchung groß ist, umzukehren oder abzubrechen. Man verwünscht den Tag, an dem man beschlossen hat, mitzugehen. Und man sehnt sich nach dem gemütlichen Zuhause. Wer aber nicht weitergeht, bleibt stehen. Genauer muss es heißen: wer nicht weitergeht, geht rückwärts.

Diese Versuchung kennen wir auch kirchlich. Wir sehnen uns nach den alten Zeiten zurück, in denen vermeintlich alles gut war. Wir meinen, wir könnten uns den Aufbruch in die Zukunft ersparen. Aber Umkehr heißt richtig verstanden nicht Rückkehr. Umkehr ist immer Umkehr nach vorne zum wiederkehrenden Christus, der uns entgegenkommt. Der Christus in der Apsis unseres Domes ist ein eindrückliches Hoffnungsbild dafür. Alle Durststrecken laden also dazu ein, uns neu nach dem Ziel auszustrecken (Phil 3,13), zu dem wir unterwegs sind. Der wiederkehrende Christus richtet uns auf. Er hilft uns, auf dem Weg weiterauszuschreiten und nicht rückwärts zu gehen.

Pilgern lebt vom Pausen einlegen
Bei der letzten Kreuzbergwallfahrt ist mir wieder einmal aufgegangen, wie wichtig die Pausen sind. Die kurzen Unterbrechungen wirken Wunder. Man kann innehalten, sich stärken, darf entspannen und kann
sich auf den nächsten Wegabschnitt vorbereiten.

Auch das Heilige Jahr lädt uns dazu ein, Pausen einzulegen auf unserem Weg. Die wichtigsten Pausen sind unsere Gottesdienste. Denn in ihnen wird Christus durch sein Wort und sein Sakrament in unserer
Mitte gegenwärtig. Er zeigt sich uns als Speise auf unserem Pilgerweg. Er gibt uns die Kraft, hoffnungsfroh weiterzugehen.

Von Herzen danke ich allen, die durch ihre Vorbereitung der Gottesdienste in diesem Heiligen Jahr die Hoffnung der Gläubigen stärken und die innere Freude in den Herzen aller Pilgerinnen und Pilger
wachhalten.

Pilgern bedeutet, andere mitzunehmen und von anderen mitgezogen zu werden
Das Beglückendste bei einer anstrengenden Pilgerreise ist für mich die Erfahrung, von der Gruppe mitgezogen zu werden. Alleine würde man die langen Wegstrecken kaum schaffen. Aber die Gruppe zieht. Für mich ein schönes Bild von Kirche. Wir ziehen einander mit. Wir achten aufeinander, so dass niemand zurückbleibt. Gemeinsam zu pilgern bietet auch viele Gelegenheiten zum Austausch. Man erfährt
voneinander, was jeden und jede bewogen hat, auf Pilgerreise zu gehen. Man hört von den Sorgen und Nöten der anderen. Aber man erfährt auch etwas von der persönlichen Hoffnung, die jede und jeder hegt. Dieser Austausch ist wichtig. Er zeigt uns, dass wir nicht allein sind mit unseren Problemen. Er hilft uns, voneinander zu lernen. Zu hören, wie die anderen aus dem Glauben mit den Herausforderungen umgehen, vor die sie sich gestellt sehen. Das Wissen voneinander ermöglicht, füreinander zu beten. Ich lade im Heiligen Jahr ausdrücklich dazu ein, einander mitzuteilen, welche Hoffnung uns erfüllt und wie sie uns hilft, den nächsten Wegabschnitt gut zu meistern. So können unsere Hoffnungsgeschichten auch denen Zuversicht schenken, die auf dem Weg erlahmen.

Neben dem Pilgerführer Christus braucht es Vorbilder gelebter Hoffnung
Das führt mich zu meinem letzten Punkt. Neben dem Pilgerführer Christus braucht es Menschen, die die Hoffnung vorbildlich gelebt haben. Im Heiligen Jahr stehen mir natürlich in erster Linie der
Apostelfürst Petrus und der Völkerapostel Paulus vor Augen, die beiden Patrone Roms. Als Märtyrer haben sie an Christus geglaubt. Ihr Glaube gab ihnen die feste Hoffnung, vom Herrn auch im Leiden gehalten zu sein. Mit ihm sind sie aus dem Tod ins Leben hinübergegangen. Auf diese Weise sind sie selbst zu Heiligen Pforten geworden, durch die die nachfolgenden Gläubigen den Weg zum himmlischen Vater finden.

Aber natürlich steht mir im Heiligen Jahr auch die Gottesmutter vor Augen. Als erste Glaubende ist sie uns Weggeleit auf unserer Pilgerschaft. Als Meerstern hilft sie uns zur Orientierung, wenn wir in den
Nöten unseres Lebens unterzugehen drohen. Als heilige Pforte ist durch sie Christus in diese Welt getreten. Als Mutter zeigt sie uns immer neu Christus und mit ihm den Weg zur Vollendung.

Möge ihre Fürsprache uns alle schützen bei unseren Wegen heiliger Pilgerschaft in diesem Jahr der Gnade. Dazu begleite Sie alle von Herzen mein bischöflicher Segen!

Ihr
+ Franz Jung
Bischof von Würzburg


Hirtenwort von Bischof Dr. Franz Jung zur österlichen Bußzeit 2025 (PDF)

Das Medienhaus der Diözese Würzburg bietet das Hirtenwort von Bischof Dr. Franz Jung zur österlichen Bußzeit 2025 im Video- oder Audioformat zum Download an. Ab Samstagabend, 8. März, 18 Uhr, stehen das Video und die Textdatei mit dem Hirtenwort öffentlich zur Verfügung unter www.bistum-wuerzburg.de. Zudem ist das Hirtenwort im Würzburger katholischen Sonntagsblatt in der Ausgabe vom 16. März abgedruckt.

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